Die Tage sind nun wieder deutlich kürzer und oft auch trüb und grau. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Wir müssen noch eine Weile durchhalten, bis die Tage wieder spürbar länger werden. Bis Weihnachten werden die Tage weiterhin abnehmen und mit ihnen häufig unsere Stimmung. Viele Menschen laufen in der dunklen Jahreszeit sogar Gefahr, in eine richtige Winterdepression zu rutschen. Bei uns Frauen in den Wechseljahren spielen außerdem noch die Hormone verrückt. Da müssen wir jetzt gut aufpassen, dass unsere Stimmung nicht bedenklich kippt.
Mit Engelszungen rede ich auf meine Freundin Anna ein. Es ist ein trüber Sonntag Nachmittag, und sie hat mich angerufen, um den geplanten Kinobesuch abzusagen. Sie schafft es nicht, sich aufzuraffen und sich mit mir zu treffen. Ihr geht es nicht gut und sie möchte sich einfach ins Bett verkriechen und nichts sehen und hören. So schildert sie es auf jeden Fall, und ihre Stimme lässt keinen Zweifel daran, dass es ihr wirklich überhaupt nicht gut geht.
In den Wechseljahren leiden viele Frauen unter Stimmungsschwankungen.
Seit Anna in den Wechseljahren ist, leidet sie oft unter einer großen Traurigkeit und Antriebslosigkeit. Und damit ist sie nicht alleine. Viele Frauen müssen aufgrund der Hormonumstellungen nicht nur mit körperlichen, sondern auch mit psychischen Symptomen fertig werden. Dabei sind diese Symptome sehr unterschiedlich. Sie reichen von Stimmungsschwankungen über Unruhe und Reizbarkeit bis hin zu depressiven Verstimmungen. Manche Frauen geraten in den Wechseljahren sogar in eine handfeste Depression.
Aber nicht nur die Hormonumstellung kann auf die Stimmung schlagen. Viele Frauen in den Wechseljahren sind beispielsweise der Meinung, dass sie nicht mehr attraktiv sind. Andere wiederum leiden darunter, dass die Kinder flügge sind und das Haus verlassen. Wieder andere müssen sich damit auseinandersetzen, dass die eigenen Eltern krank sind und zum Pflegefall werden. Hinzu kommt, dass viele Frauen in den Wechseljahren unter Schlafstörungen leiden, was die Stimmung auch nicht gerade hebt. Aus eigener Erfahrung weiß ich nur zu gut, wie der Schlafentzug aufgrund von nächtlichen Hitzewallungen einen regelrecht fertig machen kann.
Frauen erkranken besonders häufig an Depressionen
Frauen erkranken doppelt so häufig an Depressionen wie Männer. Die Diagnose Depression wird in der Regel gestellt, wenn jemand länger als zwei Wochen an mindestens zwei Symptomen wie „Verlust von Interesse und Freude“ oder „verminderter Antrieb“ leidet. Die Behandlung einer diagnostizierten Depression gehört in die Hände von Fachärzten. Aber selbst wenn Frau „nur“ unter Stimmungsschwankungen oder einer depressiven Verstimmung leidet, ist das alles andere als angenehm, und man sollte es keineswegs auf die leichte Schulter nehmen.
Als Ursache für die anhaltende Traurigkeit werden unter anderem ein Mangel an Botenstoffen wie Adrenalin und Serotonin verantwortlich gemacht. Serotonin sorgt dafür, dass wir gelassen, ruhig und ausgeglichen sind. Außerdem ist es in der Lage, Angstgefühle, Aggressivität und Hunger zu dämpfen. Deshalb kann vielen Menschen, die an Depressionen leiden, auch mit der Einnahme von Serotonin, kombiniert mit einer Gesprächstherapie, geholfen werden.
Was wir gegen die Winterdepression machen können
Und deshalb ist es auch kein Wunder, dass viele Menschen, denen es im Sommer gut geht, im Winter plötzlich unter einer Winterdepression leiden. Denn unser Körper stellt aus Serotonin auch den Botenstoff Melatonin her. Dieser macht uns müde und sorgt dafür, dass wir gut einschlafen und hoffentlich auch durchschlafen können. Wenn die Tage kürzer werden, bekommen wir weniger Tageslicht ab und unser Körper produziert automatisch mehr Melatonin. Dadurch sinkt unser Serotoninspiegel und mit ihm unsere Stimmung.
Wenn wir in den Wechseljahren nun sowieso schon unter Stimmungsschwankungen oder depressiven Verstimmungen leiden, kann uns der Winter mit seinen kurzen dunklen Tagen ganz besonders zu schaffen machen. Aber die gute Nachricht lautet: Wir können einiges selbst tun, um dem entgegenzuwirken:
- Ausreichend Tageslicht: Um unseren Serotoninspiegel möglichst konstant zu halten, sollten wir uns tagsüber unbedingt ausreichend im Freien aufhalten. Denn das ist das Signal für unseren Körper, mehr Serotonin zu produzieren.
- Bewegung: Bewegung an der frischen Luft hebt die Stimmung, kurbelt den Stoffwechsel an und wirkt sich positiv auf unseren Allgemeinzustand aus. Menschen, die unter Depressionen leiden, wird deshalb oft empfohlen, sich regelmäßig zu bewegen.
- Gesunde Ernährung: Um ausreichend Serotonin bilden zu können, kommt es auf die richtige Ernährung an. Am besten können wir die Serotoninproduktion unterstützen, wenn wir möglichst viel Tryptophan zu uns nehmen, aus dem unser Körper selbst Serotonin herstellen kann. Besonders viel Tryptophan ist in Nüssen, vor allem Cashewnüssen, Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide und Samen enthalten.
- Me-Time: Gerade in der dunklen Jahreszeit tut es uns besonders gut, wenn wir etwas nur für uns tun. Wir sollten jetzt täglich eine kleine Auszeit mit uns selbst einplanen, in der wir etwas machen, das uns guttut und für das uns normalerweise im Alltag die Zeit fehlt.
- Soziale Kontakte: Jeder von uns weiß, wie unendlich gut es tut, wenn wir nicht alleine leiden müssen. Manchmal geht es uns schon besser, wenn wir einfach mal darüber reden können, dass es uns nicht gut geht. Deshalb sollten wir uns gerade im Winter regelmäßig mit Menschen treffen, die uns gut tun und mit denen wir offen über unsere Gefühle und Stimmungen reden können.
Daran musste ich auch in meinem Telefonat mit Anna denken. Und mit viel gutem Zureden und vielen sachlichen Argumenten konnte ich sie an jenem trüben Wintertag dazu überreden, wenigstens eine halbe Stunde mit mir spazieren zu gehen. Die Zeit im Freien mit Bewegung und einem guten Gespräch hat ein kleines Wunder bei ihr bewirkt. Sie konnte danach sogar über sich selbst lachen. Anna hat sich vorgenommen, gerade im Winter täglich einen kleinen Spaziergang im Freien einzubauen. Und sie hat mir versprochen, mit ihrem Arzt über ihre depressiven Verstimmungen zu sprechen. Denn nur ein Fachmann kann am Ende des Tages feststellen, wie ernst das Problem wirklich ist. Mir ging es übrigens nach unserem kleinen Spaziergang auch besser. Und ich habe mir fest vorgenommen, gerade jetzt im Winter gut auf mich achtzugeben, damit es erst gar nicht zu einer Winterdepression kommt.