Kolumne: Ich will mein Leben zurück! Oder Vielleicht DOCH LIEBER EIN ANDERES?
Was gibt es schöneres als Urlaub? Auch wenn ich meinen Beruf liebe, freue ich mich wie ein kleines Kind auf unseren Urlaub in Südtirol: viel Zeit mit der Familie verbringen, vor beeindruckender Bergkulisse wandern und abends ausgiebig schlemmen und genießen. Gutes Essen und gute Weine gibt es in Südtirol schließlich reichlich. Vielleicht schaffe ich es ja auch zu verdrängen, dass ich nach dem letzten Urlaub zwei Monate gebraucht habe, um mein „normales“ Gewicht wieder zu bekommen. Dieser Gedanke kann einem nämlich regelrecht die Urlaubsstimmung verderben. Aber muss das so sein, dass frau sich ständig Gedanken über ihr Gewicht machen muss? Zeit, daran etwas zu ändern!
Neulich im Coworking-Büro. Ich frage eine Kollegin (eine attraktive Mitt-Fünfzigerin) in der Küche, wie es ihr geht. Anstelle der üblichen heiteren „Danke, gut“-Antwort, schleudert sie mir ein genervtes „Mir ging es schon besser!“ entgegen. Okay, das hört sich jetzt nicht so gut an. „Was ist denn los?“, frage ich einfühlsam und bekomme eine regelrechte Schimpftirade zur Antwort: „Was los ist? Als ob es nicht reichen würde, dass man nachts nicht mehr schlafen kann! Jede verdammte Nacht wach ich mehrmals“, sie streckt mir empört ihren Zeigefinger entgegen, „MEHRMALS!!! auf, weil ich so verdammt schwitze. Aber jetzt – stellt dir das mal vor – jetzt bekomme ich auch noch einen Bauch!“ Mit beiden Händen zeigt sie auf die Fettpölsterchen, die sich tatsächlich recht deutlich unter ihrem T-Shirt abzeichnen.
Welche Frau ist mit ihrem Gewicht zufrieden?
Sie hat recht: Die Wechseljahre sind einfach doof. Früher war alles viel leichter – im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn ich mit zwei Kilo zu viel aus dem Urlaub zurück kam, habe ich mich einfach ein paar Tage zusammen gerissen, und schon zeigte die Waage wieder mein normales Gewicht an. So einfach war das. Heute ist es ein Kampf, der sich über mehrere Wochen hinziehen kann, wieder dort zu landen, wo ich vor dem Urlaub mal gestartet bin. Die Pfunde scheinen regelrecht an mir zu kleben. Sein Wunschgewicht zu halten, kann in den Wechseljahren tatsächlich zu einer ständigen Herausforderung werden.
Apropos Wunschgewicht: Wenn ich ehrlich bin, hatte ich noch nie mein Wunschgewicht. Um das jetzt richtig einzuordnen: Ich war nie dick. Nicht einmal leicht übergewichtig. Vor meiner Schwangerschaft war ich sogar – laut Body-Mass-Index – eher an der Grenze zum Untergewicht. Aber egal, wie dünn ich war, ich wollte immer noch dünner sein. Neulich fiel mir ein Foto in die Hände, das mich mit zarten 16 Jahren im Bikini zeigt. Wow, was für eine Figur, dachte ich spontan. Damals hatte ich das allerdings nicht so empfunden. Eigentlich dachte ich mein Leben lang, ich hätte ein paar Kilo zu viel auf den Rippen.
Mein Mann sagt immer, dass er keine Frau kennt, die mit ihrem Gewicht zufrieden ist. Da hat er sicherlich nicht ganz unrecht. Aber unabhängig davon, ist es einfach unglaublich nervig und anstrengend, immer mit oder besser gegen sein Gewicht zu kämpfen. Geht das immer so weiter? Nein! In den Wechseljahren wird es sogar noch schlimmer! Inzwischen habe ich das Gefühl, dass ich Essen nur anschauen muss, um zuzunehmen.
Also, was tun? Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder ich verschärfe die Gangart. Das heißt, ich suche mir eine dieser zahlreichen Diäten aus, die uns versprechen, innerhalb von wenigen Wochen unser Wunschgewicht zu erreichen. Oder ich werde endlich erwachsen und lerne, meinen Körper so zu akzeptieren, wie er nun einmal ist. Schließlich bin ich jetzt schon 50, und da sollte man den allgemeinem Diätwahn allmählich hinter sich lassen (Selbstliebe und so…).
Frauen nehmen zwischen 45 und 55 Jahren 5 Kilogramm zu!
Meine Kollegin schaut mich immer noch wütend und auch etwas fragend an. Schließlich bin ich ja Ernährungsberaterin und muss doch wissen, wie man diese unerwünschten Fettpölsterchen wieder los kriegt oder am besten erst gar nicht bekommt. Ihr Blick zeigt mir auch deutlich, dass das mit dem „Ich akzeptiere meinen Körper so wie er ist“ keine Option ist.
In den Wechseljahren ist es tatsächlich nicht einfach, abzunehmen oder sein Gewicht zu halten. Das ist vor allem hormonell bedingt und führt im Resultat dazu, dass der Grundumsatz bei uns Um-die-50-Jährigen in den Wechseljahren im Vergleich zu den 30-Jährigen fast halbiert ist. Hinzu kommt noch der Bewegungsmangel. Wir bewegen uns so wenig wie keine andere Bevölkerungsgruppe. Wir müssen uns also nicht wundern, dass wir plötzlich mit unserem Gewicht nicht mehr klar kommen. Durchschnittlich nehmen Frauen zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr 5 Kilogramm zu!
Ist das die Renaissance der FdH-(Friss die Hälfte)-Diät? Als Ernährungsberaterin – und auch aus eigener Erfahrung – weiß ich allerdings nur zu gut, dass Diäten keine Lösung sind. Sie helfen zwar meistens, ein paar Kilo abzunehmen, aber führen gleichzeitig im Anschluss daran zum sogenannten Jo-jo-Effekt, und wir nehmen die verlorenen Kilos gleich wieder zu. Häufig wiegen wir dann ein paar Wochen nach der vermeintlich erfolgreichen Diät sogar mehr als zuvor. Also ist die nächste Diät angesagt, die freilich nicht erfolgreicher ist als die erste. Ein Teufelskreis beginnt…
Da halte ich es tatsächlich für besser, meinen Körper so zu akzeptieren, wie er ist. Schließlich bin ich nicht übergewichtig, und die Fettpölsterchen lassen sich kleidertechnisch eigentlich ganz gut verstecken… Ich bin mit 50 endlich so weit, dass ich meinen Körper so akzeptieren kann, wie er ist (meistens zumindest), und ich bin sehr froh und glücklich darüber. Aber einfach so weiter essen wie bisher führt zu den bereits erwähnten fünf Kilo zusätzlich. Und ich weiß jetzt schon genau, dass es mir mit diesen zusätzlichen fünf Kilogramm wiederum schwer fallen wird, meinen Körper so zu akzeptieren wie er ist.
Wir sollten nicht weniger, sondern besser essen
Aber auch wenn es nicht einfach ist, gibt es doch ein paar Dinge, die wir tun können, um auch in den Wechseljahren unser Gewicht zu halten. Und zwar, ohne zu hungern. Dabei sollten wir nicht nur an unser Gewicht denken. Es muss uns auch bewusst sein, dass unser Körper jetzt zahlreiche hormonelle Veränderungen zustande bringen muss. Und da ist es wichtig, dass wir ihn dabei unterstützen und ihn bestmöglich mit Vitalstoffen versorgen, damit er das auch schafft. Gleichzeitig sollten wir alles vermeiden, was direkt in unseren Fettdepots landet. Die Devise lautet:
Vitalstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und Faserstoffe rauf und leere Kalorien wie Weißmehl und Zucker oder runter!
Das bedeutet ganz konkret:
- Mehr Frischkost. Frischkost enthält viele Vitamine, Mineralstoffe und Faserstoffe (auch bekannt als Ballaststoffe); das hilft nicht nur unserem Hormonhaushalt, sondern führt dazu, dass wir schneller satt werden und als Ergebnis davon unser Stoffwechsel gut funktioniert.
- Vollwertige Kohlenhydrate. Kohlenhydrate sind nicht gleich Kohlenhydrate. Leere Kohlenhydrate in Form von Weißmehl oder Zucker sollten wir tatsächlich meiden. Besser wir greifen jetzt zu vollwertigen Kohlenhydraten wie Kartoffeln, Hülsenfrüchten (wirken auch noch positiv auf unseren Hormonhaushalt) und zu vollwertigem Getreide.
- Hochwertige Fette: Wir brauchen Fett. Allerdings ist hier die Qualität entscheidend. Die sogenannten essentiellen Fettsäuren kann unser Körper nicht selbst herstellen, und wir müssen sie mit der Nahrung zu uns nehmen. Beim Kochen sollten wir sparsam mit Fett umgehen. Lieber das Essen am Schluss mit hochwertigem nativen Öl (zum Beispiel Olivenöl) würzen. Leinöl hat übrigens den höchsten Anteil an wertvollen Omega-3-Fetten und wirkt positiv auf unser Hormonsystem.
- Wenig bis keine tierische Produkte. Es gibt immer mehr Untersuchungen, die zeigen, dass tierische Produkte, insbesondere Fleisch, nicht gesund sind. In den Wechseljahren vertragen wir sie in der Regel besonders schlecht. Das liegt wohl an den darin enthaltenen Hormonen, die wiederum unseren Hormonhaushalt durcheinander bringen. Fleisch und Milchprodukte sollten wir deshalb reduzieren. Am gesündesten sind übrigens fermentierte Milchprodukte wie Käse und Joghurt.
- Keine Fertigprodukte. Diese enthalten viele versteckte Fette und Zucker, die dick machen. Außerdem enthalten sie so gut wie keine Vitalstoffe, dafür aber reichlich Zusatzstoffe, die sich dann zusätzlich negativ auf unseren Stoffwechsel und unser Hormonsystem auswirken.
- Außerdem sollten wir alle Genussmittel reduzieren. Kaffee, Alkohol, Nikotin wirken sich ebenfalls negativ auf unseren Hormonhaushalt aus und haben zur Folge, dass sich unsere Wechseljahrebeschwerden verstärken. Vor allem mit Alkohol sollten wir vorsichtig sein. Dieser findet sich leider gleich am nächsten Tag in Form von Fettpölsterchen an unserem Bauch wieder.
Das Tolle daran ist: Gesundes Essen wirkt sich nicht nur auf unsere Gewicht, sondern auch auf unseren Hormonhaushalt positiv aus. Aber dabei darf der Genuss nicht zu kurz kommen. Gesundes Essen kann richtig lecker sein. Und wenn wir zu gesunden Lebensmitteln greifen, können wir ohne Kalorienzählen so richtig schlemmen – Wechseljahre hin oder her!
Frau hat es selbst in der Hand
Das ist dann schließlich eine Perspektive, die auch meiner Kollegin gefällt. Ich versorge Sie mit ein paar Rezepten, die sie gleich ausprobieren will. Und sie verabredet sich mit mir für die darauffolgende Woche zum Mittagessen in diesem neuen veganen Restaurant gleich um die Ecke – mit anschließendem Spaziergang. Ich muss lachen. Es ist typisch für meine Kollegin, dass sie aus ein paar Ernährungstipps gleich einen Masterplan schmidet. Aber so wird sie natürlich auch schnell Erfolge spüren, die sie wiederum motivieren werden, weiter zu machen.
Auch im Urlaub, kann man die Ernährungstipps übrigens ganz gut befolgen. Zwar gibt es in vielen Hotels keine Vollkornprodukte, aber meistens gibt es eine große Auswahl an Obst, Salaten und Rohkost. Darauf sollte man sich immer als erstes stürzen. Viele Obstsorten schmecken gerade im Urlaub besonders gut, da das Obst keine langen Transportwege hinter sich hat. Und wenn man seinen Urlaub in einer Ferienwohnung verbringt, hat man es sowieso selbst in der Hand, welche Lebensmittel man einkauft.
Ich habe mir fest vorgenommen, mich auch im Urlaub möglichst gesund zu ernähren. Und wenn ich aus dem Urlaub ein paar Pfunde zu viel mit nach Hause bringe, werde ich nachsichtig und geduldig mit mir sein. Es dauert nun zwar länger, die überschüssigen Pfunde loszukriegen, aber mit der richtigen Ernährung und dem richtigen Lebensstil haben sie auf Dauer trotzdem keine Chance.
Die Ernährung in den Wechseljahren ist für die meisten von uns eine große Herausforderung. Aber auf der anderen Seite bieten uns die Veränderungen in dieser Zeit auch die große Chance, alte schlechte und längst schon nicht mehr geliebte Gewohnheiten abzulegen, vieles zu verändern und so vielleicht sogar ein besseres Leben zu bekommen. Und ist es nicht schön, dass wir es selbst in der Hand haben?
Super Artikel! Hat mich sehr gut gefallen ?
Vielen Dank, liebe Karina! Es freut mich sehr, wenn dir der Artikel gefällt!
Alles Liebe und viele Grüße
Eva
http://www.leckervital.com
Das ist ein schöner Artikel, dennoch ist mich mit 5 kg mehr zu akzeptieren leider keine Option. Ich trinke viel Wasser, ernähre mich sehr bewusst, tracke meine Kalorien die ich verbrauche, tracke die Kalorien und Nährwerte die ich esse, bewege mich sehr viel… Manchmal habe ich sogar am Tag danach zugenommen. Insgesamt halte ich mich an alles und nehme dennoch nicht ab und das ist mehr als nur frustrierend und birgt die Gefahr daß man unvernünftig wird. ?
Vielen Dank für deine Rückmeldung. Es freut mich, wenn dir mein Artikel gefällt!
Ich persönliche finde es sehr anstrengend, Kalorien zu tracken. Ich habe tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass ich mein Gewicht mit einer pflanzenbasierten Vollwertkost am besten halten kann und mich dabei noch richtig fit und gesund fühle, da ich so alle notwendigen Nährstoffe zu mir nehme.
Aber ich denke, jeder muss seinen eigenen, ganz persönlichen Weg finden.
Ich wünsche dir alles Gute!
Viele Grüße
Eva