Wechselweiber Logo

Mein Körper und ich

Seit ich nun schon etwas älter und reicher bin (also eigentlich werde ich seit meiner Geburt jedes Jahr etwas älter, und wir sprechen hier vom Faltenreichtum), wundere ich mich immer wieder über neue Körperausbuchtungen. Wo kommt die denn nun wieder her – eine fast tägliche Frage. Nun ist es nicht so, dass Ausbuchtungen über Nacht entstehen, aber ich vergesse sie jedes Mal schlichtweg auf der Stelle, weil ich mir den Tag nicht versauen will. Und dann (ebenfalls fast täglich): Oh Gott, ich muss etwas dagegen unternehmen. Danach geht’s weiter in den Alltag und vergessen ist die „neue“ Ausbuchtung. Jeden Tag ein kleiner Vorsatz kann nicht schaden. Ein Ziel braucht der Mensch. Und Träume.

Vor etwa einem halben Jahr habe ich dann angefangen, mich endgültig mit meinem Körper auseinanderzusetzen: Ich habe geraucht wie ein Schlot, jeden Abend Rotwein getrunken und gegessen, wann ich Lust dazu hatte. Das hat mich nicht wirklich schöner werden lassen, aber es hat geholfen. Für jeweils fünf Minuten. Weder sind die Ausbuchtungen meines Körpers verschwunden, noch Glücksgefühle aufgetaucht, haben Scharen von Liebhabern auf meiner Bettkante gehockt, noch habe ich großartige Filmangebote bekommen, die ich natürlich ausgeschlagen hätte, denn dann hätte ich ja abends nicht mehr fernsehen, Wein trinken und Chips essen können. Danach kam der Crash. Ich habe aber, schlau wie ich nun mal bin, sofort erkannt (Okay, vielleicht nicht sofort, aber einen Monat später), dass ich diesen Crash herbei gesehnt habe, ich wollte am Ende sein, ich gierte nach Bestrafung und einer kräftigen Watschen. Armselig, nicht wahr? Aber ich will hier nicht werten. Wir haben alle unsere Klatschen. Tatsache ist: Die meisten Menschen fangen erst an, etwas zu verändern, wenn es schon fast zu spät ist.

Als erstes habe ich eine Leberkur gemacht. Ich dachte, fange ich erst mal mit diesem Organ an, damit ich irgendwann wieder weitermachen kann mit dem Lotterleben. Das ist eine realistische Einschätzung meiner selbst und am ehesten von Erfolg gekrönt, denn wer macht schon eine Leberkur, um nie wieder so tief zu sinken? Langweilig! Schon in den ersten Tagen kam die Erkenntnis: Höchste Eisenbahn („Es ist die allerhöchste Eisenbahn, die Zeit is schon vor drei Stunden anjekommen.“ Zit. Adolf Glaßbrenner, 1920 Berlin)! Denn die Angst, so an den Alkohol gewöhnt zu sein, dass ich Probleme haben würde, mal zwei Wochen ohne zu leben, war groß, und ich stellte fest, mein Warnsystem funktionierte noch.

Also: Ich habe zwei Wochen lang keinen Alkohol getrunken, keine Milchprodukte und kein Fleisch gegessen und jeden Tag einen Liter Apfelsaft gekippt. Nicht geraucht und viel gearbeitet. Ich lebte so gesund wie schon lange nicht mehr und – wurde krank. Aber ich wollte diese Kur durchziehen, und als es mir etwas besser ging, leitete ich die Endphase ein: den ganzen Tag nichts essen, abends Bittersalz, Olivenöl mit Grapefruitsaft trinken (unbedingt Zeitabstände einhalten!) und sofort schlafen legen. Natürlich habe ich kein Auge zugetan und die Nacht im Badezimmer verbracht. Schon um Sechs Uhr früh die nächste Portion Bittersalz, um Acht nochmal. Wieder längere Badezimmeraufenthalte, die pädagogische Zeitschrift auswendig gelernt und die Farbe Grün nicht mehr schön gefunden. Tatsächlich soll man bis zu 2000 winzige Gallensteine ausscheiden! Ich habe sie nicht gezählt, aber es waren wirklich eine Menge merkwürdiger Gebilde in jener Porzellanschüssel. Danach hatte ich einen Schwächeanfall, und ich musste mich von meiner Freundin zwei Tage lang bedienen lassen und schließlich zum Arzt gehen, weil ich eine Panikattacke hatte und dachte, ich müsse sterben.

Soviel zu meiner ersten Kur. Ich bin inzwischen wieder Nichtraucherin, habe meine Ausbuchtungen, wenn auch nicht direkt lieben gelernt, so wenigstens als zu mir gehörend akzeptiert, und trinke wieder, aber sehr mäßig, Wein. Alles ist wie früher, ich bin nur etwas älter und reicher (ihr wisst schon!), und ich freue mich schon auf meine nächste Kur: Milch-Semmel-Kur. Zum Entschlacken. Schonende Säuberung des Darms mit dem angenehmen Nebeneffekt: abnehmen. Nur mal Gucken, nicht übertreiben, schließlich will ich noch lange etwas älter werden.

Eure von innen strahlende Gudrun

8 Kommentare zu: »Mein Körper und ich«
  1. Ach Gudrun,
    wie gut das du meiner Empfehlung gefolgt bist.
    Statt auf Kur zu fahren zu Hause kuren, eine gute Idee. Aber wo bleibt der Kurschatten, außer unter den Augen ? Der wäre doch auch verjüngend oder findest du nicht ?
    Ich danke für deine ehrliche Sicht der Dinge und mit Humor
    gewürzt, macht es wieder Appetit auf das Leben.
    Herzlich Gisela

  2. Ich sag´s ja, so lange du so schreiben kannst, bist du quietschlebendig, körperlich und geistig topfit, und schließlich kommt deine Schönheit auch vom Humor. Aber nicht nur …
    Lieber ein paar Ausbuchtungen und gut drauf als Modelfigur und ständig an sich herummäkeln und für andere ungenießbar … so was sagt natürlich eine, die sich inzwischen mit ihren Rundungen so recht und schlecht versöhnt hat.
    Zum Thema Alkohol und Rauchen sag ich jetzt nix …

  3. Nochmal ich:
    Sitze auch jeden Abend auf der Couch mit Wein, Zigaretten und Schokolade. Dabei will ich doch nur Kuscheln und SEX!!!
    Aber ich lasse niemanden an mich ran. Weil ich schon Angst habe vor meinen eigenen Stimmungsschwankungen.
    Zeitweise bin ich richtig unzurechnungsfähig gefährlich wie eine Tigerin.
    Hahaha.
    LG

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert