*Anmerkung der Redaktion: Diesem Beitrag sei vorweg geschickt, dass er sich auf die Frau/Mann Beziehung bezieht. Natürlich unterliegen auch gleichgeschlechtliche Beziehungen den Einflüssen der Wechseljahre, weil aber beide Partnerinnen den gleichen Wandel durchlaufen (wenn auch vielleicht nicht in gleicher Intensität), ist das Augenmerk hier auf heterosexuelle Paare gelegt.
Wie weitreichend die Auswirkungen von Wechseljahressymptomen sein können, ist manchmal schon erschreckend. Vordergründig haben wir Frauen allein mit den Beschwerden im Klimakterium wie Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, innerer Unruhe, Haarausfall Gewichtszunahmen usw. eigentlich schon genug zu tun, aber zu all diesen kraftraubenden Herausforderungen, kommen ja auch noch die Auswirkungen auf das soziale Miteinander. Denn alle Symptome der Wechseljahre haben nicht nur Folgen für uns selbst, sondern auch für unser Umfeld und ganz speziell für unsere Partnerschaft. Zudem fallen die Wechseljahre häufig gerade in das Alter, in dem sich auch Familienstrukturen verändern, wenn beispielsweise die Kinder das Haus verlassen. In dieser Lebensphase beginnt sich dann oftmals auch das Gedankenkarussell um Fragen zu drehen wie: Wer bin ich, was kommt jetzt, wo will ich hin, was hat Bestand usw. Natürlich heißt das alles nicht, dass wir Frauen in den Wechseljahren zu einer völlig anderen Person werden, aber äußere und innere Einflüsse führen in vielen Fällen dazu, die eigene Position bzw. Rolle zu diesem Zeitpunkt zu hinterfragen. Die Zeit des Klimakteriums wird so schnell auch zu einem inneren Wandel, der insbesondere für die Partnerschaft Veränderungen bedeuten kann, die entweder zu einer Belastungsprobe werden oder im besten Fall zu einem Neustart führen können.
Wer soll das verstehen? Mal himmelhoch jauchzend, mal tief betrübt, mal zickig, mal schwach
Frauen, die während der Wechseljahre unter starken Stimmungsschwankungen aufgrund der Hormonumstellung leiden, haben es nicht leicht. Ihre Partner aber auch nicht. Paare, die über Jahre zusammen sind, kennen die Verhaltensmuster des Gegenüber oft so gut wie die eigenen. Man kann sich einschätzen, weiß um die Stärken und Schwächen des jeweils anderen und Höhen und Tiefen sind gemeinsam durchschritten. All das hat die Beziehung ausgehalten und im Bestfall gestärkt. Und dann ist auf einmal alles anders. Wo wir Frauen früher gelassen und entspannt geblieben sind, gehen wir jetzt hoch, was wir bis dahin tough gemeistert haben, bringt uns auf einmal zum Weinen und was uns früher zum Lachen brachte, nervt uns nur noch und wir geizen nicht mit spitzen Kommentaren oder Kritik, werden ungerecht, ungeduldig, aufbrausend und irgendwie unberechenbar. Oft erkennen und mögen wir uns so selbst nicht.
Was das für den Partner an unserer Seite bedeutet – und nicht nur den „sturmerprobten“, sondern vielleicht auch einen frisch kennengelernten – lässt sich ahnen. Darum ist es wichtig, den Partner über die Wechseljahre aufzuklären, zu erläutern, welche Auswirkungen die Hormonschwankungen auf das Seelenleben haben und dass das alles nichts mit ihm oder seinem Verhalten zu tun hat, sondern dass die eigenen Gefühlsschwankungen eben einfach nicht immer kontrollierbar sind. Anzusprechen, dass auch Ängste und die Besorgnis über das eigene Verhalten und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Partnerschaft einen selbst umtreiben, ermöglicht es dem Partner, besser zu verstehen und zu erkennen, dass auch seine Position gesehen und verstanden wird. Ganz wichtig aber auch: wer sich selbst mitteilt, sich beobachtet und reflektiert, sorgt nicht nur für Verständnis, sondern kann auch klarer erkennen, wann oder dass es nötig ist, sich beim Partner für das eigene Verhalten zu entschuldigen, weil es vielleicht mal all zu heftig oder viel geworden ist.
Selbstdefinition als Frau und neues Rollenverständnis
In der Regel fallen die Wechseljahre in die Zeit, in der sich auch die familiären Strukturen ändern. Kinder sind dann oft in dem Alter, wo sie das elterliche Heim verlassen und so wandert der Fokus vieler Frauen im Privaten auf das was bleibt: die Beziehung. In den vielen Jahren als Vater und Mutter – gerade bei mehreren Kindern – bleibt in der Regel nicht viel Zeit als „Paar“. Und wenn, bleibt im Hinterkopf ja trotzdem immer auch noch die Elternrolle. In der ohnehin turbulenten Zeit des Umbruchs während des Klimakteriums bricht nun auch noch die bisherige familiäre Routine mit eingespielten Rollen weg. Das führt nicht selten zu Verunsicherung in der Partnerschaft.
Für Frauen heißt das oftmals zusätzlich auch, dass sie mit ihrer Identität als Frau hadern. Über Jahre sich selbst als Fulltime-Mum definiert, existiert diese Rolle jetzt plötzlich so nicht mehr und gleichzeitig führen die Wechseljahre dazu, sich als Frau alt, nicht mehr vollwertig, sexy, attraktiv und begehrenswert zu fühlen. Sich neu zu definieren bzw. sich nicht zu verlieren, ist als Frau in dieser Lebensphase alles andere als leicht. Hier kann natürlich positives Feedback vom Partner sehr helfen. Aber auch die Partnerschaft selbst steht häufig gerade jetzt – mitten im Chaos der Wechseljahre – vor der Herausforderung, sich neu aufstellen zu müssen. Ohnehin ein nicht ganz leichter Prozess, parallel zu den Belastungen der Menopause aber eine ganz besondere Schwierigkeit.
Frauen, die häufig den Hauptteil von Erziehung und Familienorganisation übernommen haben, sind in der Mutterrolle nicht mehr täglich gefragt und nicht wenigen stellt sich dann die Sinnfrage bzw. sie schauen auf die neue Paarsituation und fragen sich, wie es weitergehen soll und wie für sie selbst die Zukunft aussehen kann. Frauen überlegen sich dann konkret, was sie im Leben bisher erreicht haben und was sie noch verwirklichen möchten.
Manche wollen die berufliche Tätigkeit erweitern, manche wollen aussteigen, andere wollen ihren beruflichen Traum wie beispielweise eine Selbständigkeit beginnen und wieder andere wollen endlich mit einem Hobby starten, für das ihnen bisher keine Zeit blieb, mehr reisen oder sich ehrenamtlich engagieren. Diese Überlegungen hat der Partner in der Regel nicht, da sich für ihn meist nicht viel ändert. Völlig überraschend und aus dem Nichts kommen für ihn dann natürlich die ggf. weitreichenden Veränderungswünsche (oder bereits realisierten Veränderungen). Schlimmstenfalls spürt der Partner sogar eine Entfremdung und stellt fest, dass die Vorstellungen der Frau nicht mit den seinen harmonieren.
Darum ist es wichtig, dass Frau rechtzeitig aktiv kommuniziert und teilt, wie es ihr geht, was sie sich wünscht, wie sie sich die Zukunft vorstellen kann usw.
Ist die Beziehung zu diesem Zeitpunkt noch immer von der Liebe beider Partner zueinander getragen, kann das zukünftige Leben gemeinsam konzipiert und es können Rollen definiert, Freiräume geschaffen und gute Kompromisse erreicht werden. Und nicht selten führen diese Veränderungen auch zu neuen Impulsen für die Beziehung und bieten die Chance, sich gegenseitig neu zu entdecken.
Es sei aber auch nicht verschwiegen, dass es natürlich Partnerschaften gibt, die diese Zeit des Umbruchs auf allen Ebenen nicht überstehen, weil man sich als Paar über die Jahre entfremdet hat oder der weibliche Neubeginn jenseits der Wechseljahre einfach inakzeptabel für den Partner ist. Für Wünsche, Träume und Ziele ist es aber nie zu spät – und ob als Paar oder Single gilt gleichermaßen und frei nach Hermann Hesse: jedem Anfang wohnt ein Zauber inne!