Es kommt nicht oft vor, dass mich Blogtexte, die ich lese, lange beschäftigen. Bei einem war es anders. Im Januar schrieb Lina Mallon in ihrer „Sunday Column“ den Text „The Glorification of being busy“. Und der geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Lina schreibt seit 2011 über Mode, Männer und Leidenschaften. Und in diesem Text eben über die coolen, hippen, total eingespannten Menschen, die ständig an Projekten hängen und kaum Zeit für ein etwas tiefergehendes Gespräch haben. Kenne ich alles. Lina und ich leben in ähnlichen Welten, wir kennen uns und all die anderen, die mit Journalismus, Bloggern, Agenturen, Verlagen und so weiter zu tun haben. Alle sind schwer beschäftigt. Und glücklich damit.
Lina beschreibt es so: „Wer busy ist, der arbeitet hart, der ist erfolgreich, begehrt, der strahlt vielleicht sogar etwas Glanz ab, den kann man beneiden.“
So zumindest sehen es die Busy-People. Am Ende kommt raus: Lina findet Faulsein fabelhaft. Das mochte ich sehr. Auch weil ich Lina kenne. Die kann ganz gut mal entspannt abhängen und die Zeit vertrödeln. Gemütlich sein, einfach so, ohne sich Gedanken über irgendwelche Termine zu machen. Das wiederum finde ich super. Denn bei mir klappt das nicht. Nicht aus dem Grund, den Lina beschreibt. Ich fühle mich nicht geil, wenn ich busy spiele und von Meetings fasele. Ich mache mir selbst nur ganz einfach zu viele Termine. Und ja, ich muss am Tag auch ungefähr 148 Mails checken, wie Tim Bendzko das in seinem Lied „Nur mal kurz die Welt retten“ besingt. Die fluten mein Postfach, und weil oft wichtige Infos drinstehen, lösche ich sie nicht ungelesen.
Nur mal kurz die Mails checken…
Bei mir geht das eher so: Wenn ich einen Tag lang mal nur einen Termin habe, finde ich garantiert noch zwei, drei weitere Dinge, die ich erledigen will. Ach, das Auto? Klar, da fahre ich kurz noch mal bei VW rum. Zeitschriften ausmisten. Geht auch noch. Und weil ich ja schon seit zwei Jahren nicht mehr bei der Vorsorge war, date ich zwischendrin noch den Dok. Ich meine das ernst: Ich muss mich zum Entspannen verabreden. Kein Scherz. Meistens mit meiner Yogamatte, der Sauna, oder bestenfalls buche ich mir gleich eine Zwei-Wochen-Zwangsentspannung mindestens 7.000 Kilometer entfernt. Das mit der Nicht-Entspannung ist übrigens keine Familiensache. Die sind alle nicht über-ehrgeizig, nicht gehetzt oder im Terminstress. Mein Bruder und meine Schwester sind relaxter. Abhängen geht bei denen.
Und nun? Jetzt habe ich einen Friendly Reminder am Arm, um dieses gar nicht so coole Busysein öfter mal zu vergessen. Ein kleines geflochtenes Band mit schöner Schließe von SandnSalt. Die Farben sind grell. Sie sollen auffallen. Und vor allem sollen sie mich erinnern: Entspannung ist nicht nur der Yogakurs (bei dem ich mich übrigens manchmal auch echt anstrengen muss), und eine Fernreise muss ja auch erst geplant werden. Vielleicht stelle ich mir noch ein, zwei Termine zusätzlich in den iPhone-Kalender mit Erinnerungsfunktion: Entspannung, jetzt! Mal gucken, wie entspannt die nächsten Monate werden. Ich klappe dann mal jetzt den Rechner zu. Es ist 22.50 Uhr.
Ihre Esther